Am Montag, dem 26.9.2016 wurde der Ortsgemeinderat in seiner Sitzung von Verbandsgemeindebürgermeister Ottmar Fuchs und Büroleiter Eugen Schmidt über den aktuellen Stand der Kommunal- und Verwaltungsreform in der VG Flammersfeld informiert. Herr Fuchs berichtete hierzu auch aus der letzten Sitzung des Verbandsgemeinderates, in der sich die Mehrheit für eine Fusion mit der Verbandsgemeinde Altenkirchen und damit für einen Verbleib im Landkreis ausgesprochen habe. Zudem habe der Verbandsgemeinderat nochmals deutlich gemacht, dass eine Aufteilung der Verbandsgemeinde Flammersfeld nicht gewünscht sei. Herr Fuchs warb ausdrücklich für diese Fusionsmöglichkeit und machte mehrfach deutlich, welche vermeintlich gravierenden Folgen ein Wechsel in den Kreis Neuwied für die Ortsgemeinde Willroth, bzw. das Kirchspiel Horhausen hätten.
Der Ortsgemeinderat Willroth möchte mit diesem Brief Position beziehen und den Verbandsgemeindebürgermeister eindringlich bitten, die bereits in der Sitzung vorgetragenen Bedenken und Anregungen in den kommenden Gesprächen und Verhandlungen zu berücksichtigen.

 

Die ausgesprochen ungünstige Verhandlungssituation der Verbandsgemeinde Flammersfeld und der zu beklagende Zeitdruck für die Verhandlungen erscheinen dem Ortsgemeinderat Willroth keineswegs unvorhersehbar. Sowohl die Kriterien aus der Gesetzesgrundlage aus dem Jahr 2010 als auch das wissenschaftliche Gutachten aus dem Jahr 2012 lassen durchaus den Gebietsänderungsbedarf der Verbandsgemeinde Flammersfeld erkennen. Insofern erscheint die nun eingetretene Situation nicht ganz unverschuldet.

Die Ziele der Kommunal- und Verwaltungsreform dürfen nicht aus dem Auge verloren werden. Diese sind die Schaffung neuer kommunaler Gebietskörperschaften, die in der Lage sind "...die übertragenen Aufgaben in fachlich hoher Qualität wirtschaftlich sowie bürger-, sach- und ortsnah wahrzunehmen". Zudem ist "...eine stärkere direkte Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger in kommunalen Selbstverwaltungsangelegenheiten..." angestrebt. Für die Gemeinden im Süden der Verbandsgemeinde Flammersfeld ist die geografische, infrastrukturelle und emotionale Bindung an den Kreis Neuwied ausgesprochen hoch. Das zeigt sich in zahlreichen Beispielen und bürgerschaftlichen Engagements in Vereinen und Einrichtungen. Insofern erscheint, zumindest für diese Gemeinden, das Erreichen der o.g. Ziele bei einer Fusion mit einer Verbandsgemeinde aus dem Landkreis Neuwied naheliegend.
Die in der Sitzung vorgetragenen negativen Auswirkungen, für das Kirchspiel Horhausen, bei einer kreisübergreifenden Fusion konnten den Ortsgemeinderat Willroth nicht davon überzeugen, eine solche Möglichkeit zu diesem Zeitpunkt gänzlich zu verwerfen. Sicherlich würden einige Herausforderungen innerhalb des Landkreises leichter zu lösen sein als bei einem Wechsel in einen anderen Kreis. Solche Anstrengungen dennoch zu betrachten bedeutet aber, die einmalige Möglichkeit der Korrektur eines geografischen Fehlers und die damit verbundenen Chancen für die Region zu nutzen. Die Kommunal- und Verwaltungsreform wird eine weitreichende und dauerhafte Veränderung zur Folge haben. Die Auswirkungen werden die Gemeinde in den kommenden Jahren und Jahrzehnten prägen. Daher müssen die Bürgerinnen und Bürger viel stärker in diesen wichtigen Entscheidungsprozess einbezogen werden.
Es müssen alle Möglichkeiten für eine freiwillige Fusion betrachtet werden. Die Gespräche sollten ergebnisoffen und weitsichtig mit allen möglichen Fusionspartnern geführt werden. Die erkennbare Fokussierung auf Verhandlungen mit der Verbandsgemeinde Altenkirchen lassen befürchten, dass andere Möglichen unbeachtet bleiben. Eine einseitige Vorfestlegung zu diesem Zeitpunkt lässt aber wesentliche Chancen unberücksichtigt. Auch die Möglichkeit einer Ausgliederung einzelner Gemeinden und deren Eingliederung in andere Verbandsgemeinden dürfen kein Tabuthema sein.
Bei einer Fusion mit der Verbandsgemeinde Altenkirchen würde eine außerordentlich große neue Verbandsgemeinde mit 68 Ortsgemeinden entstehen. Der Ortsgemeinderat Willroth ist der Ansicht, dass die individuellen Interessen jeder einzelnen Ortsgemeinde bei dieser Konstellation nicht mehr die Beachtung finden können, wie es in einer Verbandsgemeinde mit der maximal angestrebten Anzahl von 51 Ortsgemeinden der Fall wäre.
Ein weiterer Aspekt in dem Entscheidungsprozess ist der kommende Schritt der Reform auf Kreisebene. Bei einem erneut festgestellten Gebietsänderungsbedarf im Landkreis Altenkirchen könnte sich das Verwaltungszentrum noch weiter in den Westerwald verlagern, was für die südlichen Gemeinden in unserer Verbandsgemeinde den Zielen der Kommunalreform entgegenstehen würde.
Natürlich wird das Meinungsbild in dieser komplexen Frage zwischen den einzelnen Gemeinden und sogar innerhalb dieser nie einheitlich sein. Es muss aber gelingen, eine größtmögliche Akzeptanz für eine getroffene Entscheidung in der Bevölkerung zu erreichen. Das kann aber nur gelingen, wenn man die Bürgerinnen und Bürger stärker beteiligt und die regionalen Besonderheiten auch innerhalb der Verbandsgemeinde berücksichtigt.
Aus Sicht der Verbandsgemeinde ist es aber offensichtlich nicht vorgesehen den Bürgerwillen zu erfragen. Daher möchte die Ortsgemeinde Willroth allen Einwohnerinnen und Einwohnern die Möglichkeit einräumen in einer Bürgerversammlung am 3. November 2016 ihre Sichtweise zur Kommunal- und Verwaltungsreform einmal darzulegen. Dies ungeachtet dessen, dass momentan nur die Verbandsgemeinden desselben Landkreises zusammengeschlossen werden sollen, obwohl das Gesetz Ausnahmen hiervon vorsieht.
Der Weg des geringsten Widerstandes kann in einer solch richtungsweisenden Veränderung keine Option darstellen.

 

Der Ortsgemeinderat und Ortsbürgermeister von Willroth